9. September 2024

Bring Your Own AI (BYOAI): Herausforderungen für den Mittelstand

Bring Your Own AI (BYOAI): Herausforderungen für den Mittelstand

Die Digitalisierung hat viele neue Arbeitsweisen hervorgebracht, die Unternehmen effizienter und flexibler machen sollen. Eine dieser Entwicklungen ist der Trend zu „Bring Your Own Device“ (BYOD), bei dem Mitarbeiter ihre eigenen Geräte für die Arbeit nutzen. Nun zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab: „Bring Your Own AI“ (BYOAI). Mitarbeiter nutzen zunehmend KI-Tools und -Anwendungen, die nicht von der IT-Abteilung genehmigt oder kontrolliert werden. Doch dieser Trend birgt erhebliche Risiken, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und IT-Sicherheit. In diesem Artikel beleuchten wir die Herausforderungen, die durch BYOAI entstehen, und warum eine solide KI-Governance notwendig ist, um diese zu bewältigen.

Was bedeutet Bring Your Own AI (BYOAI)?

Der Begriff „Bring Your Own AI“ bezieht sich darauf, dass Mitarbeiter in Unternehmen ihre eigenen KI-Tools und -Anwendungen nutzen, um ihre Arbeitsabläufe zu optimieren. Diese Tools können von Chatbots über Spracherkennungssoftware bis hin zu Machine-Learning-Anwendungen reichen. Oft werden diese Tools nicht von der IT-Abteilung des Unternehmens bereitgestellt oder überwacht, sondern direkt von den Mitarbeitern heruntergeladen und genutzt. Diese Praxis kann zur sogenannten „Schatten-IT“ führen – der Einsatz von IT-Systemen, Software und Anwendungen ohne das Wissen oder die Genehmigung der IT-Abteilung.

Schatten-IT und ihre Risiken im Zusammenhang mit BYOAI

Die Verwendung von nicht genehmigten KI-Tools führt zur Entstehung von Schatten-IT, die erhebliche Risiken für Unternehmen mit sich bringt. Diese Risiken betreffen vor allem zwei zentrale Bereiche: Datenschutz und IT-Sicherheit.

1. Datenschutzprobleme

Ein wesentliches Problem bei der Nutzung von KI-Tools, die nicht durch die IT-Abteilung eines Unternehmens geprüft und freigegeben wurden, ist der Datenschutz. Viele KI-Tools sammeln und verarbeiten eine große Menge an Daten, darunter auch personenbezogene Daten. Ohne eine klare Übersicht und Kontrolle über die genutzten Tools und deren Datenschutzpraktiken kann ein Unternehmen leicht gegen Datenschutzgesetze wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen.

Risiken im Detail:

  • Unkontrollierte Datenerfassung: KI-Tools, die von Mitarbeitern ohne Genehmigung genutzt werden, könnten sensible Unternehmensdaten und personenbezogene Daten ohne angemessene Sicherheitsvorkehrungen sammeln und speichern.
  • Datenübertragung in unsichere Drittländer: Viele KI-Tools sind cloudbasiert und können Daten auf Servern speichern, die sich in Ländern außerhalb der EU befinden. Dies könnte dazu führen, dass Daten in Länder übertragen werden, die kein vergleichbares Datenschutzniveau wie die EU bieten.
  • Fehlende Einwilligungen: Die Nutzung bestimmter KI-Tools kann die Einwilligung der betroffenen Personen erfordern. Werden diese Tools jedoch ohne Wissen der IT-Abteilung oder der Datenschutzbeauftragten verwendet, kann es sein, dass die notwendigen Einwilligungen fehlen.

2. IT-Sicherheitsrisiken

Neben den datenschutzrechtlichen Bedenken stellt die Nutzung von Schatten-IT auch erhebliche Risiken für die IT-Sicherheit dar. Insbesondere bei KI-Tools, die direkt aus dem Internet heruntergeladen werden, ohne dass eine Sicherheitsprüfung stattgefunden hat, ist die Gefahr groß, dass Schadsoftware eingeschleust wird.

Risiken im Detail:

  • Einschleusung von Malware: Nicht autorisierte KI-Tools können Sicherheitslücken aufweisen, die von Cyberkriminellen ausgenutzt werden könnten, um Malware einzuschleusen.
  • Verlust der Kontrolle über Datenflüsse: Durch die Nutzung von KI-Tools, die außerhalb der unternehmenseigenen Infrastruktur betrieben werden, verliert das Unternehmen die Kontrolle über die Datenflüsse. Dies kann dazu führen, dass sensible Informationen ungewollt nach außen gelangen. Auch jedes KI-Tool in der Cloud sollte individuell betrachtet werden und eine Risikoabschätzung erstellt werden.
  • Unzureichende Sicherheitsprotokolle: Viele KI-Tools, die von Mitarbeitern eigenständig genutzt werden, haben möglicherweise nicht die notwendigen Sicherheitsprotokolle oder Verschlüsselungstechniken, die in einem Unternehmensumfeld erforderlich sind.

Die Notwendigkeit einer soliden KI-Governance

Angesichts der oben genannten Risiken ist es für Unternehmen unerlässlich, eine solide KI-Governance zu etablieren. Eine effektive KI-Governance hilft, die Nutzung von KI-Tools innerhalb des Unternehmens zu überwachen, zu regulieren und sicherzustellen, dass diese den rechtlichen Anforderungen sowie den internen Richtlinien des Unternehmens entsprechen.

1. Entwicklung einer klaren KI-Richtlinie

Eine klare KI-Richtlinie sollte Teil der IT-Strategie eines Unternehmens sein. Diese Richtlinie sollte festlegen, welche KI-Tools genutzt werden dürfen, welche Sicherheitsanforderungen diese erfüllen müssen und welche Schritte zur Einhaltung der Datenschutzbestimmungen erforderlich sind.

Wichtige Aspekte einer KI-Richtlinie:

  • Liste der genehmigten Tools: Eine Liste der von der IT-Abteilung genehmigten KI-Tools, die den Sicherheits- und Datenschutzstandards des Unternehmens entsprechen.
  • Verfahren für die Tool-Bewertung: Ein klares Verfahren zur Bewertung und Genehmigung neuer KI-Tools, einschließlich einer Risikobewertung und Datenschutzfolgenabschätzung.
  • Schulungen und Sensibilisierung: Regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter, um das Bewusstsein für die Risiken der Schatten-IT zu schärfen und sie über die zulässigen Tools und Praktiken zu informieren.

2. Implementierung von Überwachungs- und Kontrollmechanismen

Um den Einsatz von Schatten-IT zu minimieren, sollten Unternehmen Überwachungs- und Kontrollmechanismen implementieren. Dies kann durch den Einsatz von Software zur Überwachung des Netzwerkverkehrs und zur Erkennung unautorisierter Anwendungen geschehen.

Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle:

  • Netzwerküberwachung: Die Implementierung von Systemen zur Überwachung des Netzwerkverkehrs, um nicht autorisierte KI-Tools zu identifizieren und zu blockieren.
  • Regelmäßige Audits: Durchführung regelmäßiger Audits und Sicherheitsüberprüfungen, um sicherzustellen, dass keine unautorisierten Tools verwendet werden.
  • Zugriffskontrollen: Einrichtung von Zugriffskontrollen, die den Download und die Nutzung von Anwendungen außerhalb der genehmigten Liste einschränken.

3. Einbindung der Mitarbeiter in die KI-Governance

Ein weiterer wichtiger Aspekt der KI-Governance ist die Einbindung der Mitarbeiter. Mitarbeiter sollten nicht nur über die Risiken und Richtlinien informiert werden, sondern auch in die Entwicklung und Implementierung dieser Richtlinien einbezogen werden.

Maßnahmen zur Einbindung der Mitarbeiter:

  • Feedback-Schleifen: Regelmäßige Feedback-Schleifen mit den Mitarbeitern, um ihre Bedürfnisse und Bedenken bezüglich der Nutzung von KI-Tools zu verstehen und zu adressieren.
  • Incentives für Compliance: Schaffung von Anreizen für Mitarbeiter, die sich an die festgelegten Richtlinien halten und zur Verbesserung der KI-Sicherheit im Unternehmen beitragen.
  • KI-Beauftragte und KI-Manager einsetzen: Etablieren Sie eine Person, die sich mit den KI-Themen aus rechtlicher und technischer Perspektive beschäftigt.

Fazit

„Bring Your Own AI“ (BYOAI) kann für Unternehmen eine Vielzahl von Vorteilen bieten, wie z. B. eine höhere Produktivität und Innovationskraft der Mitarbeiter. Allerdings birgt der unkontrollierte Einsatz von KI-Tools auch erhebliche Risiken, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und IT-Sicherheit. Unternehmen sollten daher eine umfassende KI-Governance-Strategie entwickeln, um die Nutzung von KI-Tools zu steuern und die Einhaltung rechtlicher sowie sicherheitstechnischer Anforderungen zu gewährleisten. Nur so können die Vorteile der KI-Technologie voll ausgeschöpft und gleichzeitig die Risiken minimiert werden.

innFactory AI Consulting kann Sie sowohl bei der Erstellung einer KI-Governance, der KI-Strategie, als auch bei Schulungen für KI-Beauftrage und KI-Manager unterstützen.

  • Tobias Jonas

    Tobias Jonas, M.Sc. ist Mitgründer und Co-CEO der innFactory AI Consulting GmbH. Er ist ein führender Innovator im Bereich Künstliche Intelligenz und Cloud Computing. Als Co-Founder der innFactory GmbH hat er hunderte KI- und Cloud-Projekte erfolgreich geleitet und das Unternehmen als wichtigen Akteur im deutschen IT-Sektor etabliert. Neben seinen Geschäftsführerrollen engagiert sich Tobias Jonas in verschiedenen Fach- und Wirtschaftsverbänden, darunter der KI Bundesverband und der Digitalausschuss der IHK München und Oberbayern, und leitet praxisorientierte KI- und Cloudprojekte an der Technischen Hochschule Rosenheim. Als Keynote Speaker teilt er seine Expertise zu KI und vermittelt komplexe technologische Konzepte verständlich.

    Tobias Jonas

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